Die Linien

30. Mai 2023
  • Man sieht es genau; die Linien gehen spazieren
  • auf dem weißausgelegten Feld, noch wird keine Richtung
  • verraten, noch nicht sprüht es Farben, elegante,
  • filigrane Gebilde, Pilger zu den Geheimstätten
  • Tiefspuren hinterlassend. Ein Wink von der Seite,
  • wie die aufgescheuchten Puppen beginnen sie zu laufen,
  • kreuz und quer durch die leichtgewellte Ebene verbiegen
  • sich, verflechten, verknäulen, ein Wirrwarr,
  • man sieht es ungenau, da rechts vom Graziösen
  • nur ein Rest und alles was sich bewegt, das Flache
  • schweben lässt, wird vom Rand zurückgedrängt,
  • an der Grobkante enden. Ob es wohl helfen würde,
  • in die Breitrahmen zu springen? Sich dort zu vervollkommnen.
  • Den Wildlauf könnte man verhindern,
  • wenn man auf sie aufgepasst hätte.
  • Es hieße dann: Wenn die Linien spazieren gehen.
stammt aus Polen, lebt in Wien. Schreibt Lyrik, Kurzprosa, Aphorismen. Publikation von zahlreichen Gedichtbänden, zuletzt «Male dein Schweigen» (Pop Verlag, 2021). Einige Preise, u.a. Theodor-Körner-Preis (Wien 1987).

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