ELEGIE IX
10.
März
2023
- “Was frag ich nach der welt! sie wird in flammen stehn:”
- Andreas Gryphius
I
- wir haben keine dogmen
- kein manifesto keine emotion
- keinen tractatus keinen tod
- keine wunder keine vision
- keinen morgen keine namen
- keine mythen keine riten
- wir haben keine dogmen mehr
- nur leeres stroh und
- akkumulatoren
- seltene erden und
- geschlechtskrankheiten
-
wir haben keine dogmen mehr
- unsere hände sind taub und leer
- wir sind frei und
- gefangen
- in der weißen
- weißen
-
wolke
- wir
- das volk
- wir sind das volk
- das volk
-
das volk volk volk
- wir sind geliehener
- staub im exil
II
- lies w.g. sebald
- und mach liegestütze
- wie ein hund
- im wohnzimmer
- he spies with slow hands
- he spies with lizard eyes
- mach dir keine sorgen deine
- nekrotischen knochen
- werden heilen bis in den späten
- bis in den sommer folge nur
- dem denken bis zu den
-
hirngrauen tagen
-
niemand kommt mehr hinter die dinge
- materie und widerspruch
- gryphius lesen und krieg den palästen
- zwischen schein und wesen
-
die tyrannei der unsterblichkeit
- o sybilla sybilla
- wir beschwören doch nichts wir
- rufen doch nichts an wir glauben
-
an die sterne und an elon musk
- ich –
- dieses überlebensgroße
- modell o o o o
- o melancholische nacht
- wir nahmen schon kerosin
- we can change our shape
- into anything
III
- von der mittagshelle überrascht
- von den flimmerhaaren in den schlaf
- gebracht den tod endlich verstehn:
-
warum immer so hysterisch?
- es wird wohl wege geben von hier nach dort
- was war und was hätte sein können ich bin hier
- und nirgendwo anders weder in der zukunft
- noch an einem anderen ort ich bin hier weder
- in der vergangenheit noch in dem was gewesen
- sein wird oder in einer anderen zeit ich bin hier
- es wird wohl wege geben von hier nach dort
- und ich bin an jedem andern ort ich bin hier
- und an jedem andern ort in jeder andern zeit
- in dem was hätte sein können und in dem
- was war ich bin an jedem ort in jeder zeile
- in jedem morgen in jedem wort in jedem tod
-
es wird wohl wege geben von hier nach dort
- wir haben das alles gehört
-
aber wir sind bankrott
- morgen abend sind wir verloren
-
es ist die wahrheit
- wir brauchen einen boykott
- von rüstungswaffen
- von streitkräften
- von schlachtfeldern
- von meerloser zukunft
- von lichtmangel natürlich
- und von gott
geb. 1976 in Münsterlingen, lebt und schreibt in Kreuzlingen, CH.
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