Die Farbe Weiss
I
- In dem Blick des Kindes
- blitzt eine Quelle auf
- sein Fahrradfahren wie ein Wasserlauf
- neben mir mein Netz
- löchrig
- weiss
- ich will es neu verknoten
- festeres Garn verwenden
- es auswerfen
- in diese Quelle
- Sprache fangen
- für alles, was stumm
- stumpf
- vergessen ist
- die Zeit tropft längst
II
- Ein Schmetterling
- zittrig weisses Band
- es wird zu Tau
- zu festem Tuch
- weiss halte ich es hoch
- gehe mit Menschen
- höre die Rufe nach Erfindern gegen Kriege
- das Tuch weiss
- in den Händen
- in der Sprache
- gehe mit
- höre Rufe
- weiss in der Sprache
- und ein Flügelschlag
- der alles verändert
III
- Was nützt
- ein Netz frischgeknüpft
- was
- ein weisses Tuch
- in Kriegszeiten
- was
- das Wissen der Alten
- Geschichten vom Frieden
- im Krieg
- ich ziehe an Land verschlammte Sprache
- mit Bürste und Tuch reinige ich sie
- weiss
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fluide & zaghaft
- nimm mir eine grenze
- versenke sie
- tauche ein in das wasser
- finde:
- flussmäander
- fluten | ebben
- fluide & zaghaft
-
ein wir
- vielleicht
- dass es möglich ist
- sich_artenübergreifend
- die hände zu reichen
- oder andere formen
- von flossen | extremitäten
- vielleicht
- weniger brückenpfeiler
-
sondern waten im schlamm
- ich kann
- wenn die dürre kommt
- ganz hinübergehen
- treffen wir uns
- bei den buhnen
- vielleicht
- dass es möglich ist
- eine schuld abzutragen
- wie der fluss_sedimente
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Drehungen
- Flügel bäumen sich auf
-
im Wind, drücken Schatten
- in die Fugen der Scheunen.
-
Leere Schneckenhäuser
- in Hecken verfangen, so
-
oder so, bleiben sie hängen
- im Traum der Stare und
-
Drosseln. Ein Wanderfalke
- zieht seinen Sturzflug
-
zurück, segelt weiter.
- Die Ruhe ist umstellt.
-
Eichen ergeben sich.
- Durch die Adern der
- Ahnen schießt Strom.
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schweissfüsse sind gar nicht so schlimm wie alle immer denken
- auf der mauer sitzt mein po
- die haut reibt am stein ameisen bilden
- eine strasse vor mir ein
- bier halbleer und der mond scheint
- hell in mein handy tippe ich
- zeilen wie unsere zigaretten löcher
- in unsere herzen brannten obwohl
- der aschenbecher immer mit dabei
- war ameisenstrasse die wade
- hinab in meine adiletten wo
- bereits ein film zu tropfen beginnt und
- hinter meinen augen der abspann
- schon lange im loop flimmert die
- strassenlaterne auf mich herab meine
- schweissigen füsse oder einfach
- tränen aus vergangenen sommern
- für immer festgehalten in
- der sohle und eigentlich sind
- schweissfüsse gar nicht so
- schlimm wie alle immer denken
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außerferner
- noch von übersee
- gesprochen rollen wir
-
auf flussbettlaken
- retour a reutte, hat sie gesagt:
- die landschaft wird
-
im höchsten grade unbewußt
- was der moosbruch
- schreibt, nicht ewigkeits-
-
verdächtig archivalisieren
- statt es ins zugehörige
- versenken: an blinkendem
- geröll vergehen, sich
- landvermessen
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Ernte, zeitgemäß
- Kalter, blauer Morgen
- in den Schützengräben
- dampft der Kaffee
- auf dem Hügel
- patrouillieren die Tschekas
- die Städte liegen da wie
-
ranziges Brot
- Schneegriesel aus dem Osten
- oder sind‘s Granaten
- wir kennen 50 Wörter für
-
Sieg
- Hoch die Hände
- die Säcke sind eng
- die Köpfe bleiben liegen
- wie Kohl im Dezember
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[ ]
- Im unheimlichen Tal
- Plötzlich geschrumpft
- Alice antwortet nicht
- Spalt – beachtet
- Saugt mich zum Sturz
- Träume nicht mehr
- Bin verzerrt
- Fenster gehen auf
- Ihr Öffnen spricht gesperrt
- Wissen fliegt vorbei
- Dabei rollt mein Aug zum Blick
- Nicht ehrlich sagt Endfantast
- Steht wieder auf – vergangen
- Im heimlichen Heute
- Die Meinung eine Flut
- Ebbemix beim Feuer
- Nulltage – vermutet wird
- Verwundbarkeit
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tanzen (2023)
- auf ungeschliffenem marmor
- die internazionale tanzen
- für die streikenden florentiner in ihrer fabrik
- bis alte verwachsene böden zittern
- roter sandstein von der fassade blättert
- die nubische sklavin vom sockel stürzt
- und das richtergewand über ihre nackten brüste legt
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grabbeben
- verhauche meinen atem, stockend
- wie hochhaustief rief mich eine seele an,
-
teilnehmer nicht erreichbar.
- leere stühle hinter deiner stirn
- kinoschlüssel fallen inzwischen rillen
- sich deine gedanken und stehen auf,
- applaudieren vielleicht
-
weil die sonne schreit.
- es ist etwas übrig vom vortag,
- wetterfeste plastik steht auf einem moossockel,
- der park schließt spät,
- unter flügeln schlummern
-
graue grade der lieblosigkeit.
- blumen, hingeworfen,
- achtlos hinterlassener müll keimt,
- der morgen wartet auf deinen zug.
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So früh schon so spät
- Ich rieche den Frühling wieder
- er ist älter geworden
- blasser im Licht
-
mit Stunden ohne Takt
- Seine Wasser säuseln nur noch
- ich kann am Ufer liegen
- Vogelgesänge auf der kribbelnden Haut
-
heimwärts weht linde Erinnerung
- Der Kompost vom letzten Herbst
- wärmt noch die Kröten
- schlafende Erde unter mir
- und Abschied über allem
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Indem wir uns ineinander verliebten
- Für dich gründete ich die Gesellschaft
-
für Himmel, Erde und das schöne grausame Meer
- Dort gingen wir zielgerichtet ein und aus
-
ohne uns jemals zurecht zu finden
- Salzige Erinnerungen an deine mehrmundigen Küsse
-
im Hochgebirge meines Körpers
- Meine Träume von dir verfestigen sich
-
zu Standbildern ohne jede Bedeutung
- Fliegen ersticken seither im Staub
-
meiner Stube
- Und mein Herz wehrt alle Reimversuche ab
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zimmermanndinner
- heizungsritzen schlürft er
- wie jakobsmuscheln aus
- erkrankt an zitternetzen staub &
- stellt in rechnung dann
-
zwei lungenflügel
- bettbezug durst schluckt er
- entschuppt sich wie dorade
- bis dunkler ansatz nass zerkratzt
- in rechnung steht
- verstoß
- motelhygieneregeln
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kurzer halt am straßenrand
- psst behalt’s für dich wenn
- dir die tränen kommen auf der
- gewundenen straße zwischen
- sonnenblumenfeldern bei
- flirrender hitze und chris reas
- still holding on weil du mal wieder
- nicht weißt wohin mit dir
- sentimentaler esel halt an heul dich aus
- auch heute wird deine richtungslose
- dankbarkeit keinen abnehmer finden
- lass die luft aus deinem blauen ballon
- hast du nicht schon im ersten jahr englisch gelernt
- you can‘t have the cake and eat it
- und du kennst das prozedere
- der spielverderber vom dienst wird
- sich pflichtgemäß melden mit seiner
- miesmacherei die alles durchdringt
- dem faktencheck der vor nichts haltmacht
- selbst deine hehren momente hinterfragt
- dass dich die scham befällt mensch zu sein
- und diesen ort nicht so zu hinterlassen
- wie du ihn vorfandst bei deinem auftritt
- zu neandertalers zeiten trauerst
- um die bäume blumen gräser die du
- zertrittst im besten einvernehmen mit dir
- selbst die schmetterlinge hummeln die
- an deiner windschutzscheibe jäh
- ihr leben geben für dein weiterkommen
- oder bemitleidest du dich selbst weil du
- nicht weißt wohin mit deinen füßen unfähig
- engelgleich zu schweben aber das wusstest du doch
- weichei du dass wo gehobelt wird da lass dich
- ruhig nieder denn was nicht passt wird
- passend gemacht und niemand
- hält die späne die da fallen unendlich
- sanft in seinen händen aber haben wir
- nicht laubbläser im angebot buschfräsen
- chemikalien die unsere erträge steigern
- nicht zu vergessen die rücknahmegarantie
- von altgeräten zur fachgerechten entsorgung
- abseits der kreuzfahrerrouten oder dieser
- landstraße wenig befahren geheimtipp
- zwischen weinbergen sonnenblumenfeldern
- und während du noch am straßenrand stehst
- dir die augen reibst tief durchatmest
- bevor du weiterfährst in deinem geliebten
- vierzig jahre zurückgebliebenen lancia hpe
- hat chris rea den ton gewechselt singt
- jetzt sein paradestück the road to hell
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short message ohne service
- mein gefährt ist ungewiss
- blossfüssig auf rasierklingen
- über grenzen, eingeritzt
- ein name blutverkrustet
- mein pass: die wunde, unverbunden
- aufgebrochen
- bin ich du, mein ticket, nicht
- zu entziffern, ein nummernloses konto
- oder ein schwarzer schlagstock
- ist mein drittes standbein
- ausgelutscht und angespuckt: ankomme
- ankomme
- bald
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Träum was Schönes
-
Träum was Schönes. Von sieben silbernen Seilbahnen. Sechs Süchtigen auf der Suche nach Sahnebonbons und siebzig Schafen singend an einem See. Von Seifenblasen, Saftschorlen, Süssigkeiten und frühen Samstagabenden im Sommer.
-
Träum was Schönes. Vielleicht von Veilchen, vielen Vögeln, von Vegetation und veganen Vegtables. Von Vampiren aus Videoaufnahmen. Von Vergessen und Vergeben, von Verlosungen und Verlobungen.
-
Träum was Schönes. Von Hunden und Hexen, von Heidelbeeren und Heu, von Hitzewellen und Himbeereis. Hervorragenden Häusern, Hirsebrei und Heizungen. Himmel, Horrorfilmen und Heimat. Und von Herzensangelegenheiten, natürlich.
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wir bleiben wunden bis wir überwunden werden
-
seit 5:31:59 uhr liege ich wach & google mich
-
& wer mich anklickt das bin ich nicht
-
noch du, noch persönlich
-
brennt der search-button, verrät
-
dass ich um 08:13:29 uhr nach mir suche
-
aber kann es 08:13:29 uhr sein
-
für einen tee, für ein liebesgedicht, für eine handvoll asche
-
ich bin wunde aus wunden ausgebrochen
-
im index des lebens kommt niemand zu spät
-
& doch habe ich immer das gefühl, google
-
ich wäre nie rechtzeitig aufgeweckt
-
verstehst du, bildschirme & leichen sind spiegel
-
du kriegst die vergangenheit nicht aus den körpern
-
begriffen als ich in dir gesucht hab
-
wie in einem leichnam, verstehst du, google?
-
ich frage leichname nie, ob ich pünktlich bin
-
aber ich weiß, dass wir nicht wissen, was noch kommt
-
ich kriege vielleicht brot, eine leidenschaft & die vergangenheit
-
der zukunft, sie beginnt um 08:13:31 uhr
-
wir sind alle wunden auf dem weg nach hause
Dieses Gedicht erschien ursprünglich im Gedichtband «livestream & leichen» von Martin Piekar.
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dass auf der zunge das wort kraft
- dass mein ganzes glück am morgen
- eine blaue tasse mit meinem namen
- und kaffee, mein ganzes glück
- während draussen die welt
- sich weiterdrehte und
- jede minute eine art
-
für immer verschwand
- dass in dieser kleinen halbkugel
- auf der mein haar ausdünnt
- die wörter wohnen und nicht
-
herauskommen
-
dass es mich schüttelt vor –
- dass mein kopf so schwer
- dass ein dutzend kräftiger männer
-
ihn nicht hochheben könnten
- dass die natur immer noch so tut
- wie wenn nichts wäre
- dass alles schön wird
-
wenn man es nur lange genug anschaut
- darin liegt die erkenntnis
-
und schläft
- dass auf der zunge das wort sehnsucht
- ich meine: sich die brust aufreissen wie
-
ein falke der seine jungen füttert
- dass dein gesicht ein gestrüpp
- wo jedes du ein ast ist
-
an dem ich hänge
- dass auf der zunge das wort leicht
- dass ich so schnell einschlafe wie
-
ein stein ins wasser fällt
- vielleicht, dass ein pferd noch kommt
- und uns wegträgt
- vielleicht, dass ein bart uns entstellt
- oder der himmel sich schliesst und
-
wir ein haus bauen
- dass alles was tut als
- hätten wir es verloren
- sich heimlich sammelt und
-
ordnet zu einem zimmer
-
du denk mit mir
- vielleicht, dass ein satz
- noch zurückkehrt
- in den mund
-
lass ihn offen
-
dass auf der zunge das wort kraft
- dass mein ganzes glück am morgen
- eine blaue tasse mit meinem namen
- und kaffee, mein ganzes glück
- während draussen die welt
- sich weiterdrehte und
- jede minute eine art
- für immer verschwand
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Monstera
- Wie en Hund lueg ich us em Fänschter
- gseh öppis
- es bewegt sich
- Wie es Backbläch ligg ich uf em Tisch
- mach Ängelbewegige
- und rühr bar Stifte und Bächer an Bode
- Amigs bin ich es Ding
- wo nüt dänkt und nüt wött
- meischtens isch es mir
- zmüesam en Mensch zsi
- Denn suech ich mir
- en guete Ort in dr Wohnig
- und verwandle mich
- in e Monstera
- als Usglich
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klarkommen
- trübsal, türspalt
- bett aus anemonen
- moan, zusammen lichtkegeln,
- come, spass auf den knien
- ein hauch von haut, stossgebet.
- leck mir was süsses von der stirn,
- damit ich die trauer-trousers
- ausziehen kann.
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Geheimnis
- Es gab eine Zeit
- da musste mein Geheimnis
- um jeden Preis sicher
- bewahrt werden
- vor gierigen Augen
- und druckerschwarzen Fingern
-
und spöttisch lachenden Kehlköpfen
- einmal klopfte es
- klopfklopfklopf
- wer ist da: keine Antwort
- man hustete vor meiner Tür
- und es klopfte noch einmal
-
klopfklopfklopf
- ich sagte: ich komme
- gleich und liess Wasser laufen:
-
Tarngeräusche
- und suchte
- all das Papier zusammen
- Verbrennen würde Asche hinterlassen
- dachte ich
- und begann
- zu essen, hinunterzuschlingen
-
zu schlucken, ohne zu kauen
- und mit vollem Mund wiederholte ich:
- ich komme gleich ich wischte
- mir mit dem Ärmel meines Pullovers den Mund ab
- dann öffnete ich
- mit einem Magen voller Worte
-
die Tür
- ja, bitte?
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