Flügelwäschetrockner

7. März 2023
  • Jesus blickt von der Wand aus mindestens 14 Augen herab.
  • Ich sollte beichten, mit Brot im Munde und Wein im Geiste,
  • dass ich mich unzählige Nächte zwischen den Beinen anfasste.
  • Ich brauche Tabak, Maria Voicu rät mir vom Rauchen ab,
  • das ist eine Männersache.
  • Maria Voicu sagt, ich sollte heiraten, dann müsste ich nicht zum Südbahnhof joggen
  • und allein Kaffee kochen am Morgen.
  • Ich könnte Wäsche waschen, aufhängen (auf dem Flügelwäschetrockner), abnehmen, bügeln, falten, versorgen,
  • so wie es gute Frauen eben tun.

  • Aus dem Zimmer nebenan ertönt das antike Schnarchen von Maria Voicu,
  • es ist zwei Uhr morgens,
  • im tiefsten Schlaf fantasiert sie von Petre Voicu,
  • im luzidesten Zustand bügelt sie Wäsche für sein Phantom.
  • Hundertjährige Porzellantassen ruhen auf den Holzregalen,
  • das Dienstmädchen vorbereitete einst Kakaomilch darin und schwieg,
  • so wies gute Frauen eben taten.

  • Viele Ferientage verbrachte ich wie ein katholischer Priester unter dem Dach von Maria und Petre Voicu,
  • zwischen meinen Oberschenkel erwachte Sexus,
  • doch keiner konnte sich daran vergnügen, denn Maria Voicu verbietet mir nach 24Uhr auf den Strassen zu gehen.
  • Ich sei schon über zwanzig, ich sollte mir ein weisses Kleid kaufen.
  • Maria Voicu sagt: Sei einfach nett zu den Jungs und nicht zu wählerisch!

  • In der Wohnung von Maria Voicu gibt es auch andere Geister.
  • Elisa und Marcela, Verliebte aus 1920, Besucherinnen meiner Träume von Netflix:
  • ihre Berührungen elektrisierend, orgasmuswürdig, 15 Sekunden zurückspulen immer wieder immer wieder bis…
  • Leerer Flügelwäschetrockner.
geb. 1998, rumänische Künstlerin, lebt und arbeitet in Zürich. Studiert Fine Arts an der Zürcher Hochschule der Künste, arbeitet nebenbei mit Betagten und mit Kindern.

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